Wonder Woman 1984 - Gute Wünsche helfen nicht

Mit reichlich Verspätung habe ich ihn mir nun also auch angesehen, den neuen Wonder Woman Film. Die schlechten Kritiken hatten mich zunächst davon abgehalten. Und was soll man sagen, sie waren berechtigt.

Wonder Woman 1984 - Gute Wünsche helfen nicht

©Warner Bros

Vor ein paar Jahren hat Regisseurin Patty Jenkins gezeigt, das DC Filme auch gut sein können. Der erste Wonder Woman Film des sogenannten DC Extended Universe, kurz DCEU, war ein Lichtblick zwischen den ansonsten so hoffnungslosen Versuchen, irgendwie mit der Marvel-Konkurrenz mithalten zu können. Auch dort gab es Schwachstellen, keine Frage, aber unterm Strich war es ein gelungener Film mit einer starken Botschaft, interessanten Figuren und einer spannenden Geschichte. Und genau das schafft 'WW84' nicht. Zu sehr versinkt der Film in 80er Jahre Nostalgie, in Schwärmereien und Klischees, in Überzeichnungen und Wirrwarr, während er von seinem Vorgänger fast ausschließlich die Schwachstellen übernimmt.

Alles hat seinen Preis

Die Story hört sich irgendwie eher nach einer Folge Kim Possible an, als nach einem Superhelden Film. Ich fasse es einmal kurz zusammen. Es ist das Jahr 1984. Diana Prince, wie die Titelheldin eigentlich heißt, arbeitet in einem Museum und ist dort Expertin für antike Archäologie. Ihr und ihrer etwas tollpatschigen Kollegin fällt eines Tages ein mystischer alter Stein zu. Dieser Stein, so stellt sich heraus, hat die Macht, Wünsche wahr werden zu lassen. Was zunächst als Aberglaube abgetan wird, entpuppt sich schnell als wahr. Hier kommt der zwielichtige Geschäftsmann Max Lord (Pedro Pascal) ins Spiel, der sich Zugang zum Stein verschaffen und damit Geld und Macht ohne Ende anhäufen möchte. Natürlich kann es nicht lange gut gehen, wenn man sich seine Wünsche per Knopfdruck erfüllen lassen kann. Unbedachte Nebeneffekte entstehen, Kettenreaktionen, die man nicht vorhersehen kann und schließlich völliges Chaos. Und Wonder Woman muss es wieder geradebiegen.

Pedro Pascal als Business-Bösewicht Max Lord | © Warner Brothers

In welchem Jahrzehnt spielt der Film eigentlich? Weiß das einer?

Man kommt aber zunächst kaum dazu, sich mit der Handlung auseinanderzusetzen. Vor lauter blinkendem 80er Jahre Kitsch ist kaum etwas auf dem Bildschirm zu sehen. Der Film springt nicht auf den 80er Zug auf, der spätestens seit ‚Stranger Things‘ durch die Popkultur rollt, er entführt diesen Zug und steuert ihn geradewegs in den Abgrund. Man hat das Gefühl, die Drehbuchautoren haben mehr Zeit darauf verwendet, sich die vielen „oh-guck-mal-da“-Momente zu überlegen, als an der Handlung zu feilen. Sportkurse, wo alle neonfarbene Leggins tragen, kitschig gekleidete Teenies klauen 80er Krimskrams am Kiosk, draußen fahren natürlich alle mit Rollschuhen rum oder machen Breakdance und die wissenschaftlichen Mitarbeiter im Museum tragen selbstverständlich pinkfarbene Poloshirts mit aufgestelltem Kragen – wer kennt es nicht. Versteht mich nicht falsch, natürlich muss auch deutlich werden, in welcher Zeit oder Epoche ein Film spielt, aber es geht auch subtiler und angenehmer. Vor allem darf es ruhig ein bisschen mehr mit der Handlung zu tun haben, wie im ersten Teil. Wer zum Beispiel glaubt, der kalte Krieg würde hier im Zentrum stehen, wird enttäuscht. Wer natürlich voll dem 80er Trend verfallen ist und den Film eh nicht allzu ernst nimmt, der könnte daran Spaß haben.

Allgemein waren die 80er Jahre, vor allem in den USA ein Jahrzehnt der Aufbruchsstimmung, des Wachstums und der über-optimistischen Zukunftsvisionen. Die Raumfahrt war das neue große Ding, die Wirtschaft boomte, der Konsum wurde gewaltiger und auch genauso gewaltig zelebriert. Die Personifizierung dieses wirtschaftlichen Heilsversprechens liefert dann Max Lord, der als Bilderbuch-Raubtierkapitalist mithilfe des Steines die Wünsche aller Menschen erfüllen will, aber natürlich nur, um sich dadurch selbst zu bereichern und den Menschen am Ende mehr zu nehmen als er ihnen gibt. Ob das noch kreative Kritik am Wirtschaftssystem ist, oder schon kitschig-klischeehafte Figurenüberzeichnung, darf jeder selbst für sich beurteilen. Die Story jedenfalls bleibt über große Teile extrem vorhersehbar und nutzt das 80er Setting mehr zur Werbekulisse als damit erzählerisch etwas anzufangen.

Wo Schatten ist…

… da ist natürlich auch Licht. Der Film hat auch starke Momente. Die spielen sich meistens zwischen Diana und ihrem Geliebten ab. Achso, ja der ist wieder da, wie auch schon im Trailer gezeigt wurde – denn natürlich wünscht Diana sich von dem Stein nichts sehnlicher als ihren Steve. Man hat sich wirklich alle Mühe gegeben, um Chris Pines Figur wieder in den Film hineinzuschreiben. So wie er Diana im ersten Teil die moderne Welt erklären musste, muss sie ihm nun alles erklären. Das hat einen gewissen Charme und es entstehen schöne Szenen, die einen nicht ganz kalt lassen. Auch die Action ist wieder im coolen Stil des Vorgängers und kann sich einigermaßen sehen lassen, aber eben nur in der ersten Hälfte. Danach wirkt es, als seien auch die Computereffekte aus den 80ern.

Der verfluchte dritte Akt

Eine Tradition darf in einem DCEU Film natürlich nicht gebrochen werden. Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle bisherigen Werke. Wenn es auch zwischendurch kleine Lichtblicke und gelungene Szenen gibt, die einem immer wieder so ein bisschen Hoffnung machen, im letzten Drittel des Films muss es immer richtig, richtig komisch werden.

Egal ob der „Martha“ Plot-Twist und das CGI-Chaos in ‚Batman V Superman‘, der ganz komische Endkampf in ‚Wonder Woman‘, oder das sich kilometerweit durch die Luft Schleudern in ‚Man of Steel‘, irgendwie kriegt DC es hin, dass die Inszenierung am Ende der Filme immer ganz eigenartig wird. Die Action-Animationen nähern sich dann Videospielen von 2004 an. Es muss unbedingt mit einer ganz eigenartigen Schwerkraftwirkung 100 Meter hoch gesprungen werden und natürlich verwandelt sich die Antagonistin am Ende in eine schlecht animierte Leoparden-Diva, was auch sonst. Es täte den Filmen gut, mal im wahrsten Sinne des Wortes mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben und den Bösewicht lieber mal nichts sagen zu lassen, anstatt sich im Rumbrüllen von Videospiel-Sprüchen zu verzetteln. Da hilft auch ein Pedro Pascal nichts, der sich vergeblich bemüht seiner eigenartigen Figur Tiefe zu verleihen, nur damit diese Versuche dann vom Drehbuch mit unnachvollziehbaren Wendungen untergraben werden.

Wünsch dir was

Was am Ende bleibt ist ein weitestgehend vergessenswerter Film, das muss man leider so hart sagen. Er verheddert sich in Nostalgie, klischeehaften Figuren, vorhersehbaren Entwicklungen und einer Message für Kleinkinder, die auch aus einer Folge Bibi und Tina stammen könnte. Schade eigentlich, war der erste Teil doch so erfrischend. Hätte ich während dem Angucken von ‚Wonder Woman 1984‘ den magischen Stein in der Hand gehalten, ich hätte mir zwei Dinge gewünscht. Dass der Film schnell vorbei geht und dass dieser nervige 80er Jahre Trend endlich aufhört.